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Aktuelles

Aktuelles von OHA! Verstärker für Kinder- und Jugendrechte Ombudsstelle Hamburg:

Aktualisiert: 18. Dez. 2023

Zum Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus über die Haasenburg-Heime Schließung die vorab veröffentlichte Presseerklärung von Betroffenen und Unterstützer:innen und eine kleine Sammlung an Presseartikeln zum Thema




Presseerklärung und Appell an das brandenburgische Bildungsministerium

Warum die Haasenburg nicht entschädigt werden darf - Aus Sicht der Betroffenen und Unterstützer:innen


Heute versammelten sich ehemalige Bewohner:innen der Haasenburg-Einrichtungen und ihre Unterstützer:innen am Neuendorfer See, anlässlich des Klageverfahrens der Haasenburg GmbH gegen das Brandenburgische Bildungsministerium vor dem Verwaltungsgericht Cottbus, am Donnerstag den 23. November 2023 um 10:45, um gemeinsam zu erklären, warum wir vehement dagegen sind, dass die Haasenburg finanziell entschädigt wird oder gar eine Wiedereröffnung ermöglicht wird unter altem oder neuen Namen.

Unsere Beweggründe sind tief verwurzelt in den schrecklichen Erfahrungen, die wir in den Haasenburg-Einrichtungen gemacht haben. Wir sehen es als unsere Pflicht an, gemeinsam gegen Kindesmissbrauch anzukämpfen, um sicherzustellen, dass die schmerzliche Geschichte sich nicht wiederholt und keine weiteren Kinder und - Jugendlichen jemals die Qualen erleben müssen, die wir durchstehen mussten. Dies sehen wir als unsere moralische Pflicht an, als emanzipierte Bürger dieses Staates.

Die Haasenburg-Einrichtung symbolisiert ein System, das seine Schützlinge systematisch misshandelte, ihre Menschenwürde verletzte und grundlegende verfassungsmäßige Rechte ignorierte und mit Füßen getreten hat. Diejenigen von uns, die in dieser Einrichtung untergebracht waren, haben schwerste körperliche und psychische Gewalt erfahren, erlebten sexualisierte Gewalt und leiden bis heute unter den Spätfolgen. Zum Teil mit gravierenden Folgen, die eine Partizipation und ein gesellschaftliches Leben unmöglich machen. Unter dem Vorwand der Kindeswohlgefährdung wurden über Jahre, unter Aufsicht des Landesjugendamtes Brandenburg, schwerste Kindesmisshandlungen gerechtfertigt. Die Haasenburg war ein Biotop schwarzer Pädagogik, in der die Kinder und – Jugendlichen täglich willkürlichen Strafen ausgesetzt waren. Es herrschte dort ein Klima der Angst. Die Liste an Grundrechtsverletzungen könnte hier beliebig lang fortgeführt werden. Es würde zu lange dauern, alles aufzuzählen. Warum darf die Haasenburg nicht finanziell entschädigt werden oder gar wiedereröffnet werden?

1. Schutz von Kindern und Jugendlichen: Die Sicherheit und das Wohl von Kindern und Jugendlichen müssen stets oberste Priorität haben. In einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft darf kein Platz sein für eine Einrichtung, in der diese Werte regelmäßig verletzt wurden. Die finanzielle Entschädigung oder Wiedereröffnung der Haasenburg würde bedeuten, dass eine Einrichtung, in der solche Werte systematisch missachtet wurden, wiederaufleben könnte. Ein Zeichen mit weitreichenden Konsequenzen würde gesendet werden.

2. Aufarbeitung der Vergangenheit: Es wurde nie eine umfassende Aufarbeitung der Missstände in der Haasenburg-Einrichtung durchgeführt oder Studien zur Erforschung der Spätfolgen in Auftrag gegeben. Die Opfer wurden oft nicht angehört, und die Verantwortlichen blieben bis heute meist straffrei. Dieses Schweigen und diese Straflosigkeit dürfen nicht weitergehen. Wir fordern Gerechtigkeit ! Das ist uns der Rechtsstaat schuldig, nachdem er uns nicht schützen konnte.

3. In den Einrichtungen wurden die grundlegenden Menschenrechte mit Füßen getreten, und die Würde der Bewohner:innen wurde nicht respektiert. Ein Rechtsstaat muss sich daran messen lassen, wie er mit seinen schwächsten Mitgliedern umgeht. Eine finanzielle Entschädigung für diese Einrichtung würde ein fatales Signal an alle Geschädigten senden, die bisher nur Entschuldigungen, aber keine Entschädigungen erhalten haben. Es wäre paradox, sich bei den Opfern zu entschuldigen, ihnen aber echte Entschädigung zu verwehren, während die mächtigen Täter abkassieren.

4. Botschaft an die Gesellschaft: Die Wiedereröffnung oder die finanzielle Entschädigung der Haasenburg-Einrichtung würde eine fatale Botschaft an die Gesellschaft senden. Es könnte den Eindruck erwecken, dass solche Praktiken in unserer Gesellschaft akzeptabel sind. Wir müssen besser sein als das, wenn wir unsere Grundrechte und Werte ernst nehmen.

5. Unterstützung für Betroffene: Viele von uns sind auf Unterstützung angewiesen, um unsere Traumata zu bewältigen und unser Leben wieder in den Griff zu bekommen. Die Haasenburg darf nicht die Möglichkeit erhalten, ihre Verantwortung gegenüber denjenigen, die Schaden erlitten haben, zu umgehen und weiter Profit daraus zu schlagen.

6. Helfen Sie uns abzuschließen: Das hier ist eine der letzten Möglichkeiten, für die Opfer der Haasenburg einen Abschluss zu finden, der zumindest nach Gerechtigkeit aussieht. Wir fordern den Minister Steffen Freiberg dazu auf, für uns zu streiten und genauso kompromisslos im Kampf gegen diese Einrichtung zu sein, wie sie uns Betroffenen gegenüber erbarmungslos war. Nutzen Sie diese Gelegenheit und seien Sie unsere Stimme. Bitte!

Wir appellieren an die zuständigen Behörden, insbesondere das Brandenburgische Bildungsministerium und den Minister Steffen Freiberg (SPD), sich nicht auf einen Vergleich einzulassen und das bis zum Ende durchzustreiten. Die Entscheidung, die Haasenburg nicht finanziell zu entschädigen und dafür zu sorgen, dass sie geschlossen bleiben, muss aufrechterhalten bleiben. Es ist an der Zeit, für die Fehler der Vergangenheit Verantwortung zu übernehmen und sicherzustellen, dass Kinder und Jugendliche in unserer Gesellschaft geschützt und unterstützt werden, anstatt weiteren Menschenrechtsverletzungen Vorschub zu leisten.

Deshalb fordern wir eine umfassende Aufarbeitung der Vergangenheit und die Implementierung von Reformen im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe, um sicherzustellen, dass sich solche Grausamkeiten nie mehr wiederholen. Kein Kind sollte unter solchen Bedingungen heranwachsen müssen! Deshalb fordern wir, dass das Ministerium sich auf keinen Vergleich oder sonstige Gespräche hinter verschlossenen Türen einlassen darf. Das Bildungsministerium hat hier die Gelegenheit, vergangenes Unrecht im gemeinsamen Interesse zumindest teilweise wieder gutzumachen und Versäumnisse der Vergangenheit nachzuholen, in der die Entscheidungen die damals zum Schutz der Jugendlichen und Kinder getroffen wurden, nicht nur aufrechterhalten bleiben, sondern auch im gemeinsamen Interesse bis zum Schluss durchgestritten werden, denn die Schließung war damals begründet und ist es immer noch. Wir bitten sie daher inständig, auch in unserem Interesse dafür zu streiten, dass ein vergangenes Unrecht nicht nachträglich validiert wird. Seien Sie bitte unsere Anwälte. Streiten Sie mit uns, für eine Gesellschaft und ein Jugendhilfesystem, in der es keinen Platz gibt für Praktiken die kindliches Leben frühzeitig beendet.

Hochachtungsvoll, Die ehemaligen Heimkinder der Haasenburg


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Die Schließung der Haasenburg-Heime für rechtswidrig zu erklären ist gefährlich, sagt Renzo Martinez https://taz.de/Archiv-Suche/!5972804/


Prozess um Heimschließung:Haasenburg gewinnt: https://taz.de/Prozess-um-Heimschliessung/!5975194/


Urteil zur Haasenburg-Schließung:Nur ein formaler Sieg: https://taz.de/Urteil-zur-Haasenburg-Schliessung/!5972456/







OHA! hat die Berliner Erklärung unterschrieben. Sie wurde initiiert durch Transforming Solidarities auf der Konferenz Solidarität in der Migrationsgesellschaft.


In der Erklärung heißt es:

Geschürt wird so der Wunsch, die Welt nicht mit anderen teilen zu müssen, und die Bereitschaft, dies auch mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln durchzusetzen. Geschürt werden Diskurse und Praktiken der Spaltung, die unterscheiden zwischen ›Menschen wie uns‹ und anderen, deren Recht auf Leben und Zugehörigkeit missachtet werden kann. Geschürt wird die Illusion, Demokratie könne die Menschenrechte für einige aussetzen und trotzdem funktionieren.

Aus diesem Grund sagen wir klar und deutlich: Migration ist nicht das Problem. Das Problem ist nicht, dass wir in einer Einwanderungsgesellschaft leben. Migration hat eine Geschichte, eine Gegenwart und eine Zukunft. Welche Familie in Deutschland, in Europa ist ohne Migrationsgeschichte? Menschen wandern. Sie machen sich auf und entziehen sich Verhältnissen, die sie ermüden, die ihre Kräfte und ihre Phantasie erschöpfen, die töten. Menschen setzen sich in Bewegung, in der Hoffnung, etwas Besseres zu finden als das, was sie zurücklassen müssen.

Das Problem ist die Skandalisierung der Migration. Das Problem ist, dass der aggressive und einseitige Diskurs über die vermeintliche Überforderung der Gesellschaft durch Migration von den strukturellen Bedingungen und historischen Entwicklungen ablenken soll, die die gegenwärtige Polykrise bedingen. Das Problem ist, dass Migration instrumentalisiert wird, um die Gesellschaft zu spalten. Dies forciert die derzeit erlebbare Zuspitzung gesellschaftlicher Debatten und die Überlagerung von Solidarität durch Hass.


Die Erklärung in voller Länge findet ihr hier:





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